Der Denkmodus

Hallo ihr lieben hochsensiblen Menschen,

mein Sohn hat mir vor einiger Zeit eine Karte geschenkt. Er hat sie mir ganz beiläufig zugesteckt und gesagt: „Guck mal, das passt zu dir.“ Was dann kam, war zwar nicht der Cadillac unter den Momenten, in denen mir die Kinnlade heruntergeklappt ist, aber das Oldsmobile schon. Denn da stand: „Als der liebe Gott die Geduld verteilte, stand ich im Stau und hupte.“

Ein guter Beobachter, mein Junge, das muss ich eingestehen. Und meinGeduldsfaden hat sich auch bis heute nicht gravierend geändert. Immer noch möchte ich Dinge, die mir wichtig sind, gern gleich. Vielleicht habe ich inzwischen gelernt, dass das nicht immer möglich ist. Aber die Ungeduld bleibt trotzdem.

Und jetzt sind wir in einer Zeit, in der wir genau das aushalten müssen. Zur Ruhe kommen, geduldig sein, keine Angst entwickeln und Hoffnung behalten. Viele Menschen berichten mir, dass sie das als große Prüfung wahrnehmen. Sie fühlen sich eingeengt, fremdbestimmt und wünschen, dass das endlich aufhört und sie zum normalen Leben zurückkehren können. Andere sehen in dem Lock-Down eine große Chance, eine Möglichkeit anzuhalten, zu entschleunigen, sich selbst zu finden und dabei Eindrücke wahrzunehmen, für die sie sonst keine Zeit hatten.

Der Unterschied zwischen beiden ist nicht unbedingt Geduld. Sie ist eher das Resultat. Der Unterschied ist, wie wir die Dinge sehen. Ob wir uns in einem „Weg-von-Schema“ befinden oder in einem „Hin-zu- Modus“ denken.

„Weg-von“ bedeutet, den Blick vergleichend auf das Vergangene zu richten. Wir nehmen möglicherweise wahr, dass wir etwas verlieren oder vermissen. Oder, dass wir die gegenwärtige Position als unzureichend ansehen und uns davon entfernen wollen. Wir erkennen vielleicht, dass sich Türen schließen, manche wohl möglich für immer. Das kann sehr schmerzhaft sein und traurig machen. Viele Menschen, die sich im früheren, alltäglichen Gewimmel mit ganz viel Aktivität abgelenkt haben, müssen sich jetzt auch mal ganz allein aushalten.

Aber wie würde es uns gehen, wenn wir beginnen, im „Hin-zu-Modus“ zu denken?

Dann öffnet sich der Weg für Neues. Wenn Türen sich schließen, öffnen sich andere. Das habe ich in meinem Leben immer wieder erfahren. Und ist es nicht doch irgendwie spannend, herauszufinden, was für Chancen in Situationen stecken, die wir zuerst einmal als schlimm und unerträglich wahrnehmen? Anhalten, nachdenken und Neues beginnen, braucht keine mühsame Geduld, eher Neugier und Wissensdurst. Und davon haben wir HSP doch jede Menge.

Meine Freundin und Kollegin Barbara hat neulich ganz despektierlich von einer „Löffelliste“ gesprochen. Das ist die Aufstellung aller Dinge, die ich unbedingt noch machen will, bevor ich meinen Löffel abgebe. Und, habt ihr eure Löffelliste schon fertig? Meistens denken wir doch über solche Dinge als verpasste Chancen nach. „Ach, das hätte ich immer so gern gemacht. Das habe ich immer verpasst. Das hat nie geklappt. Dazu hätte ich so gern Zeit gefunden.“ Gab doch immer Gründe, warum es grade nicht ging. Was ist, wenn wir an diese Dinge mal mit dem „Hin-Zu-Modus“ denken? Dann gibt es plötzlich viel mehr kurz-und mittelfristige Ziele, die noch zu erreichen sind. Dann ist, Zeit zu haben, plötzlich ein großes Gut. Und ich habe gemerkt, wenn ich so denke, höre ich sofort auf zu hupen und beginne zu planen, zu entwickeln und zu kreieren. Nicht alles ist sofort realisierbar, aber so vieles, dass ich alle Hände voll zu tun habe.

Ich lade euch ein, über euren Tellerrand zu schauen, das Unmögliche mal ins Auge zu fassen und das zu tun, was ihr schon immer mal machen wolltet.

Ich denke an euch, freue mich sehr, dass ich als hochsensibler Mensch nicht allein bin und habe mir fest vorgenommen, euch alle in den Arm zu nehmen, sobald dies wieder möglich ist.

Andrea

HSP und Krisen

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Hallo ihr lieben hochsensiblen Menschen,

wir werden jetzt in vielerlei Hinsicht auf eine echte Probe gestellt. Da ist unsere Empathie, wir spüren deutlich die Not von anderen und brauchen jetzt viel Kraft und Stärke um zu helfen und uns trotzdem abzugrenzen. Unsere ausgeprägte Emotionalität begünstigt jetzt Ängste, Gedanken- und Sorgenschleifen und lässt uns vielleicht nicht mehr ruhig schlafen. Besonders, wenn noch finanzielle Probleme drohen, kann das sehr stark beeinträchtigen.

So oft werden wir ohnehin für die Schwachen gehalten. Aber damit stimme ich nicht überein. Im Gegenteil, wir leisten in einer Gesellschaft, die uns noch nicht wirklich ernst nimmt, unsere wichtigen Beiträge. Und das machen wir eben unter für uns, manchmal erschwerten Bedingungen. Das zeigt unsere großen Potentiale. Und an diese wunderbaren Ressourcen und Kräfte möchte ich euch heute erinnern.

Wo in eurem Leben habt ihr schon einmal richtige Krisensituationen gemeistert? Habt ihr für euch schon erlebt, wie stark unsere Fähigkeit ausgeprägt ist, in solchen Augenblicken eine besondere Stärke zu entwickeln. Wir stellen uns komplett zurück, machen alles ohne Wenn und Aber richtig und merken erst hinterher, was für eine Kraft das gekostet hat. Wir haben also alles, was wir brauchen bereits in uns, um eine Zeit wie diese gut durchzustehen.

Zudem bringen Krisen immer Geschenke. Bitte überprüft das einmal für euch. Was habt ihr aus früheren „gefährlichen Zeiten“ an Erfahrungen und vielleicht neuen Fähigkeiten mitgenommen? Immer, wenn es schwierig wird, sind wir gezwungen, aus unserer Komfortzone herauszukommen und dann müssen wir neue Blickwinkel einnehmen und uns weiterentwickeln. Ich habe jede meiner Krisensituationen geprüft und festgestellt, dass es keine Ausnahme gab. Und meine wichtigste Erkenntnis war, dass hinter der Stelle, an der ich gesagt habe: „Ich kann nicht mehr!“ noch eine Kraftreserve war, die ich vorher nicht kennenlernen konnte. Jetzt kenne ich sie und weiß, dass ich mir einiges mehr zutrauen darf, als ich früher dachte.

Vielleicht habt ihr diese Reserve auch. Oder vielleicht entdeckt ihr ganz neue Talente und Fähigkeiten, die jetzt hilfreich sind. Unsere Stärken wie Fantasie, Kreativität und Empathie werden jetzt mehr denn je gebraucht. Und manchmal hilft das Zauberwort „Trainingseinheit“ um etwas, das nicht erträglich erscheint, mit einen Funken sportlichem Ehrgeiz zu versehen.

Erinnert euch an eure Kräfte und wenn ihr euch Unterstützung wünscht, meldet euch sehr gern. Ich biete euch allen hilfreiche, telefonische Resilienztermine an, in der wir Energie, Kraft und Zuversicht mobilisieren und uns die Geschenke abholen, die in dieser „Coronakrise stecken.

Ich drücke euch sehr lieb.

Hochsensible Kinder

In meiner Arbeit als Coach stoße ich immer wieder auf hochsensible Kinder, die große Schwierigkeiten in der Schule haben. Wie bei uns Erwachsenen gibt es auch unter den Kindern sehr große Unterschiede. Denn ihr Naturell kann intro- oder extrovertiert sein.
Ein introvertiertes HSK (hochsensibles Kind) ist vielleicht sehr ängstlich, möglicherweise unsicher und schnell zum Rückzug bereit. Diese Kinder sind in der Schule eher still, oft sehr angepasst und machen vieles mit sich selbst aus. Ein extrovertiertes Kind dagegen ist um so mitteilungsbedürftiger und steht auch gern mal im Mittelpunkt. Es lebt seine starken emotionalen Schwankungen aus, ist oft sehr energievoll, vielleicht auch anstrengend und läuft nicht selten Gefahr, als ADHS-Kind gestempelt zu werden. Aber egal, ob intro- oder extrovertiert, hochsensible Kinder haben oft die gleichen Probleme.

Wer das verstehen möchte, sollte für einen Moment in ihre Schuhe steigen und Schule aus ihren Augen betrachten. Wie sieht das aus?
25 Kinder vor dem Unterricht im Klassenraum. Wie grell, wie laut, wie hektisch ist es? Wie viele Reize auf so kleinem Raum? Dann Frontalunterricht. Konzentrieren, obwohl es hinter dir raschelt, neben dir flüstert und vor dir jemand herumzappelt. Endlich Pause, jetzt erholen. Auf dem Schulhof mit 150 anderen Kindern? Ist es so verwunderlich, dass viele HSK, die sich diesen vielen Reizen nicht entziehen können, Schule als eine große und manchmal ganz schlimme Herausforderung empfinden?
Auch sind sie fast alle mit einem starken inneren Perfektionismus geboren. Sie wollen alles richtig machen und wenn das nicht so klappt, verlieren sie schnell den Mut und den Glauben an sich selbst. Sie alle brauchen so dringend Bestätigung und Ermutigung und keinen Druck. Denn das kennen wir Großen doch auch. Druck macht Angst und Angst lässt uns nicht mehr an unsere Fähigkeiten kommen. Wenn wir also verstehen, dass der Schlüssel liebevolles Verständnis und Respekt ist, den wir ihnen und auch ihren manchmal so starken Emotionen entgegenbringen, wenn wir ihre Fähigkeiten fördern und helfen, wenn sie in den Grenzbereich kommen, dann sind gerade diese Kinder motivierte und ausgezeichnete Schüler. Wenn Unterricht Spaß machen darf, dann dürfen sie ihre Fähigkeiten und ihren Wissensdurst zeigen, eine hohe Sozialkompetenz entwickeln und sich zu wertvollen und wichtigen Menschen in unserer Gesellschaft entfalten. Und weil eigentlich nichts, was wir für hochsensible Kinder tun, für normal sensible Kinder schädlich ist, können wir damit auch keine Fehler machen.
Daher wünsche ich mir so sehr, dass Schulen beginnen, zur Kenntnis zu nehmen, dass es Hochsensibilität gibt. Denn sie tragen die gesellschaftliche Verantwortung mit, ob die zarten und sensiblen Menschen in unserer Gesellschaft traumatisiert und verängstigt oder stark und sicher in ihr Leben gehen.

Auf 2019

Hallo ihr lieben hochsensiblen Menschen,

das neue Jahr hat angefangen, kalt und stürmisch. So wie uns 2018 mit seinem Wetter oft verwöhnt hat, schlägt 2019 gleich neue Töne an. Doch genau diese Witterungswechsel, freundlich und warm, heiß und trocken, rau und kalt, stürmisch und nass, machen die Atmosphäre auf unserem Planeten nicht wirklich berechenbar. (Ich erinnere an die alte Dame, die bei der Wettervorhersage anrief und sagte: „Sie können jetzt kommen und die drei Kubikmeter „Heiter bis wolkig“ aus meinem Keller pumpen.“)
Ich weiß, gerade wir HSP haben sehr oft den Wunsch nach Kontrolle. Denn Kontrolle bedeutet Sicherheit. Und doch gibt es immer wieder Augenblicke, die nicht vorhersehbar sind, gibt es Entwicklungen, die wir uns so nicht gewünscht haben und doch nicht beeinflussen können. Dann zeigt es sich, ob wir sicher in uns ruhen. Ob wir Resilienz entwickelt haben, eben jene Fähigkeit, mit Krisen umzugehen und das Beste aus den Dingen zu machen, die uns widerfahren (oder die wir ja manchmal auch selbst verbockt haben.)
Aber wir Hochsensiblen haben eine stark ausgeprägte Emotionalität, große innere Kritiker und einen, wie angeborenen, Perfektionismus. Verbunden mit einer großen Fantasie können wir uns oft den „Supergau“ in jeder Hinsicht vorstellen. Woher also soll eine gute Widerstandskraft kommen?
Ob wir mit Krisen gut umgehen können, hat sicher auch mit unserer Kindheit zu tun. Waren wir gewollt und geliebt oder nur geduldet? Hat man uns mit unseren Bedürfnissen ernst genommen, haben wir unsere Umwelt als uns liebevoll zugewandt oder als feindselig erlebt? Konnten wir Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen entwickeln? Sehen wir die Welt pessimistisch oder durften wir Optimisten werden? Lenken wir unser Leben oder werden wir gelenkt?

Ich wünsche uns für 2019, dass jeder von uns seinen wirklichen, wunderbaren Wert erkennt. Dass wir uns selbst lieben, unseren Kräften vertrauen und unsere Fähigkeiten richtig nutzen um damit jedem Wetter zu trotzen. Denn dann haben wir die Möglichkeit, Krisen als das zu erkennen, was sie wirklich sind: Die einmalige Chance über uns hinauszuwachsen, zu lernen und uns zu entwickeln.

Auf dass wir alle unsere Flügel entfalten,
auf ein wunderbares Jahr 2019
Andrea

Pferdetag 2018

Auch Therapeuten haben manchmal Probleme. Und mit einem ganzen Kopf voll davon, bin ich in diesem Jahr zu unserem Pferdetag gefahren. Kastens Hof in Evensen bei Nienburg hat uns im letzten Jahr so wunderbar gefallen, dass wir heute hier wieder verabredet sind. Simone Kasten ist neben ihrer Arbeit mit den Tieren, eine Personaltrainerin, die auf ihrem Hof viele besondere Events bietet.

Wenn da nur nicht die Anfahrt über die tückische A2 wäre. Die gilt es weiträumig zu umfahren, um nicht in den ausgedehnten Sommerbaustellen den Tag zu verbringen.
A2 sinnvoll umschifft und dabei die brückenlose „Höllen-B6“ übersehen. Hier wird es zweispurig und in dem anschließenden Stau findet sich auch noch ein Fahrzeug mit Motorschaden.
„Ferien auf der B6“, denke ich und merke, wie meine Nervosität unproportional zunimmt. Ich weiß jetzt schon, dass ich hoffnungslos zu spät da sein werde und das Stauende ist noch nicht zusehen.
Am Ende meiner Nerven komme ich nach einer Fahrzeit von mehr als 2 Stunden an.
Simones zwei Berner Sennenhunde begrüßen mich schon am Zaun. Ich gehe durch die kleine Gartenpforte auf das Grundstück, schaue in fröhliche Gesichter und spüre sofort, dass hier ein anderer Wind weht. Denn schon als die Hunde zum ausgiebigen Kuscheln kommen, merke ich, dass ich herunterfahre. Und als wir kurz darauf zu den Pferden gehen, weiß ich, dieser Tag wird toll. Wir holen zuerst die beiden Shettlandponys, Finchen und Chico. Ich habe beide beim letzten Mal so tief ins Herz geschlossen. Wir striegeln die Tiere gemeinsam und die kleine Stute Finchen bringt uns alle zum Lachen. Denn wenn du ihr liebevoll den Bauch striegelst und dich dabei tief genug bückst, dann massiert sie dir mit ihren wunderweichen Pferdelippen Nacken und Kopf. Auch Chico ist etwas Besonderes, ein echter Überlebenskünstler, der dem Tod schon mal direkt von der Schippe gehüpft ist.

Heute ist die kleine Antonia (7) mit ihrer Mutter bei uns. Antonia wurde früher von einem Pferd in die Brust gebissen und ist daher sehr zurückhaltend. Aber die ruhige und gelassene Ausstrahlung der kleinen Pferde lässt sie schnell etwas mehr Zutrauen gewinnen.
Dann holen wir die Großen, die Islandpferde, von der Weide. Heute lerne ich ein neues Pferd kennen, Snaedis, eine wundervolle weiße Stute, die schon zwei erwachsene Kinder hat.
Mit uns werden auch Galdur und Aron den Tag verbringen. Ich kann sie sehr gut unterscheiden, denn ihre Mähnen sind ganz unterschiedlich. Ich stehe neben Aron und er sieht mich ruhig und gütig an und mir geht wieder so ganz das Herz auf. Alles, was da so mit mir hier hergefahren war, ist plötzlich weg und da ist nur eine große Ehrfurcht und Bewunderung für die Tiere und ein so herrliches Glücksgefühl.
Ich lerne sogar die Hufe zu säubern und selbst Antonia, mit ihrer Mutter, hilft dabei.
Simone erzählt uns viele schöne Einzelheiten über die Pferde und wir spüren deutlich, dass diese Tiere ihre Familie sind. Das Vertrauen und die Liebe, die sie alle, Mensch und Tier miteinander austauschen, ist tief beeindruckend und macht auch Simone für mich zu einem ganz besonderen Menschen. Wir führen die Pferde gemeinsam auf den Reitplatz und arbeiten mit ihnen auf einem Parcours. Snaedis ist ganz sicher hochsensibel. Dieses Pferd ahnt, was ich mir von ihm wünsche und lässt sich auf mich ein. Vielleicht spürt sie, wie weit mein Herz für sie geöffnet ist. Ich darf an diesem Tag mit jedem der Pferde arbeiten. Sie sind alle unterschiedlich und alle ganz wunderbar. Reife, gütige Wesen, die uns gelassen ihre Zeit schenken. Antonia traut sich immer mehr zu, am Schluss reitet sie und ich glaube, dass dieser Tag ihr sehr viel Angst genommen hat.
Ich sehe überall ein Lächeln im Gesicht, egal wo ich hinschaue. Und verstehe in diesem Moment, dass Pferde Ängste nehmen und Wunden schließen können.

Danke Simone, für einen wunderbaren, erfüllten Tag. Und danke, ihr herrlichen und weisen Pferde. Ihr habt uns reich beschenkt.

Weserbergland-Tag der Hochsensibilität

Heute wird es, Gott sei dank, nicht so heiß. Wir sind schon um 8:00 Uhr vor Ort um alles vorzubereiten. Die Scheune, die wir uns ausgesucht haben, hat eine herrliche Atmosphäre. Wir stellen die Stühle so, dass wir im hinteren Bereich unsere Vorträge halten können. Vorn bleiben Tische für Teilnehmer, die sich nicht für unser gesprochenes Wort interessieren.

Die vier Vorträge haben wir sehr dicht geplant und entscheiden daher spontan, dass wir trotzdem eine Pause dazwischen einrichten müssen. Schließlich sind wir alle hochsensibel und wollen nicht überlastet werden. Wenn wir Initiatoren das nicht verstehen, wer dann?

Jetzt strömen die ersten Teilnehmer herein. Es ist ein so schönes Gefühl, dass sie alle kommen, um zu hören, was wir zu sagen haben, um Erfahrungen auszutauschen und sich gemeinsam weiterzuentwickeln.

Ich eröffne die Veranstaltung mit ein paar technischen Details und wir einigen uns auf ein gemeinsames „Du“. Der Bürgermeister von Hessisch Oldendorf hat sich heute für uns Zeit genommen und spricht ein Grußwort. Das macht er sehr sympathisch, mit einem bisschen Werbung für seine Stadt und der Überleitung, dass auch Menschen in der Öffentlichkeit wie er, sensibel mit ihren Mitmenschen umgehen müssen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Da hat er einfach recht.

Der erste Vortrag erklärt die Grundlagen der Hochsensibilität und ich bin noch ein bisschen aufgeregt und eilig, weil ich unser knappes Zeitfenster nicht sprengen will.

Dann folgt nach einer kleinen Pause, Thorsten Stege, ein Freund und Improtrainer aus Stuttgart. Sein Vortrag ist wunderbar kurzweilig, beschäftigt sich mit hochsensiblen, beruflichen Aspekten. Thorsten lässt uns kleine Übungen machen, wir sind einfach mit von der Partie und lachen viel. Ich übe mit dem Bürgermeister, der auch hier wieder zeigt, dass er ein ganz unkomplizierter Mann der Basis ist. Klasse Thorsten, danke dafür. Dann nach kurzer Pause kommen die hochsensiblen Kinder zu Wort. Ich lasse alle Teilnehmer durch die Augen eines Kindergartenkindes sehen und merke, wie nachdenklich und ergriffen die Teilnehmer sind.

Zum Schluss spricht Ingo Ahrens über einfache, aber wirkungsvolle Meditationstechniken. Er kann vieles leicht erklären, was uns manchmal so schwierig erschien. Vielen Dank, Ingo.

Nach einer Mittagspause gehen wir an unsere Thementische. Einige Teilnehmer haben uns schon verlassen, aber alle, die miteinander das Gespräch suchen, bleiben hier und viele sagen später, dass sie gern noch mehr Zeit gehabt hätten.

Insgesamt bekommen wir das Feedback, dass es ein runder, schöner und informativer Tag war. Wir finden das auch.

Liebe Teilnehmer, euch gebührt der Dank, denn ihr habt diesen Tag zu einem Erfolg gemacht. Und wenn ihr es wollt, dann machen wir das im nächsten Jahr wieder.

 

Sind HSP belastbar?

Immer wieder höre ich, dass wir Hochsensiblen nicht belastbar sind. Wir sind zu schnell erschöpft, wir können keinen normalen Berufsalltag schaffen und wir steigen aus den meisten Aktionen früher aus, als andere.

Und hier möchte ich mal etwas anmerken: Das stimmt so nicht!!!!

Peter ist Berufskraftfahrer. Er fährt einen LKW. Seine Arbeitstag ist 8 Stunden lang. Er hat eine gute Kondition, kann sein Arbeitspensum sehr gut einschätzen und mit seinen Kraftreserven auch gut leisten.

Aber was passiert, wenn wir aus ihm einen Rennfahrer machen wollen?
8 Stunden auf der Rennstrecke, kann er das schaffen? Und kann er bei den gesteigerten Anforderungen, die der neue Beruf hat, auch die Kilometerleistung bringen, die er als LKW-Fahrer bewältigt hat?

Ihr könnt mir natürlich sagen, dass der Vergleich etwas hinkt und doch sind hochsensible Menschen dem Rennfahrer nicht unähnlich. Wir nehmen unsere Umwelt auf allen Ebenen und mit allen Sinnen verstärkt wahr. Das heißt tatsächlich, dass wir im Vergleich zum normal sensiblen Menschen in der gleichen Zeit mehr leisten. Und das heißt auch, dass wir uns in einer Welt, die Hochsensibilität noch nicht wirklich zur Kenntnis genommen hat, zurechtfinden und genauso beweisen müssen, wie jeder andere Mensch. Wenn wir mal diese Voraussetzungen zugrunde legen, dann dürfen wir stolz darauf sein, dass wir unter erschwerten Bedingungen so wunderbar funktionieren. Auch, dass wir gelernt haben, mit unseren so viel heftigeren Emotionen umzugehen, zeigt eine große Leistung. Denn sonst wären ja möglicherweise alle Hochsensiblen depressiv. Die vielen wunderbaren HSP, die sich unserem gesellschaftlichen Leistungssystem angepasst haben und erfolgreich arbeiten, die ihre Verluste gut verarbeiten und einfach wie jeder andere durch ihr Leben gehen, nehmen wir positiv nicht zur Kenntnis, denn sie sind ja normal.

Wie würde ein normal sensibler Mensch reagieren, wenn er in unserer Situation wäre? Doch sicher wie der LKW-Fahrer Peter, der jetzt in einem Rennwagen sitzt.

Das Teilesystem

Wir Heilpraktiker bestehen ja darauf, den Menschen ganzheitlich zu sehen. Körper und Geist sind für uns untrennbar miteinander verbunden. Wir wissen, dass jeder Gedanke eine körperliche Reaktion nach sich zieht, so wie sich auch jede körperliche Veränderung auf die Psyche auswirkt.

Und doch möchte ich euch eine Methode vorstellen, die sehr weiterhelfen kann, wenn wir mit psychischen Problemen arbeiten. Sie setzt, entgegen meinen Ausführungen oben voraus, dass wir aus vielen, vielen unterschiedlichen psychischen Anteilen bestehen.

Ich möchte euch daher mal einen meiner inneren Antreiber vorstellen. Er ist in frühester Kindheit aus der Erziehung zu mir gekommen. Sein Name ist: „Mr. Was-nicht-hart-erarbeitet-wird, ist-nichts-wert„. Und weil ich ihn so oft gehört und seine „Wahrheit“ erlebt habe, ist er zuerst eine Erfahrung, dann eine Haltung und am Ende ein massiver Glaubenssatz geworden.

Ich kann so einen Glaubenssatz natürlich ganzheitlich sehen, aber dann bin ich das selbst, der diese Meinung vertritt. Das heißt, solange dieser Satz für mich Gültigkeit hat, kann ich mich davon nicht distanzieren. Wenn ich allerdings die Auffassung vertrete, dass er ein Teil von mir ist, dann kann ich ihm ein Gesicht geben und mich mir ihm unterhalten. Ich schaue sozusagen von außen darauf.

Mr. Was-nicht-hart-erarbeitet-ist hat mir beigebracht, dass immer alles irgendwie eine Quälerei sein muss, damit ich es für erfolgreich halte. Und ich rackere mich ab, denke dauernd, ich schaffe ja nicht genug und wenn mir etwas zufällt oder geschenkt wird, dann kann das eben nichts wert sein.

Jetzt hat er seit Kurzem mit seinen Namen und auch eine Form bekommen. Er ist ein kleiner verbitterter, dicklicher Mann mit einer ungepflegten Halbglatze, so ein Spießer eben. Und jetzt bemerke ich es genau, wenn er seine „Wahrheiten“ zum Besten gibt. Immer häufiger fällt er mir auf. Ich rufe ihn dann streng zur Ordnung, manchmal biete ich ihm auch an, ein paar Urlaubswochen zu nehmen um seine Enkel zu besuchen. Neulich war er wieder so impertinent, dass ich für einen kurzen Augenblick bereit war, ihn im Waschbecken zu ersäufen. Radikal aber erfolgreich. Zumindest macht er zunehmend weniger Stress, ich kann mich über meine Leistungen besser freuen und inzwischen ganz besonders darüber, dass mir Dinge leicht fallen und ich an meiner Arbeit Spaß haben darf.

Pferdesonntag

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Pferdesonntag

Es ist Sonntag, 14:00 Uhr, alle sind pünktlich am Treffpunkt. Wir fahren mit zwei Wagen in bedächtiger Kolonne. Sind fast 80 Kilometer bis Evensen bei Neustadt am Rbge. Wir fahren zum „Kastens Hof“, um einen Nachmittag mit Pferden zu verbringen. Simone Kasten empfängt uns dort sehr herzlich. Sie ist ein herrliches Multitalent, Gymnastiklehrerin, Personaltrainerin und Visionärin mit einer großen Liebe zu ihrer „Tierfamilie“, die aus zwei Hunden und sieben Pferden besteht.

Wir lernen zuerst zwei Ponys kennen, Chicco und Fienchen. Beide Tiere hat sie aus schlechter Haltung geholt und ihnen wieder genug Vertrauen gegeben, so dass sie mit Greenhorns wie mir gut umgehen können. Wir lernen striegeln, hören viel über Pferdepflege. Die kleinen Pferde sind so geduldig und stehen ruhig, während wir gewissenhaft arbeiten. Chicco hat es mir sofort angetan. Ich sehe in seinen Augen, dass er manchmal etwas furchtsam prüft, ob nichts feindlich ist. Er war sehr krank, erzählt uns Simone, hatte lange Fieber ohne ordentliche Diagnose. Jetzt hat er sich schon sehr gut erholt. Mein Gefühl sagt mir, dass er hochsensibel sein könnte. Er hat das Schlechte, das er erlebt hat, nicht so gut weggesteckt, wie das herrliche graue Fienchen neben ihm. Sie sind ein Paar, sagt Simone, man darf sie nicht trennen.

Ich spüre sofort, wie sich mein Herz für Chicco völlig  öffnet. Es lässt sich von mir streicheln, bis meine Hände so richtig schön schwarz sind. Dann kommen die zwei großen Wallache dazu, Galdur und Aron. Sie sind wunderschön und so sanft, dass niemand auch nur eine Sekunde Angst hat. Wir haben zwei erfahrene Reiterinnen unter uns, Julia aus Celle und Jasmin, die das Event vorgeschlagen und organisiert hat. An den großen Tieren lernen wir die Hufe zu säubern. Ich traue mich ein bisschen, immer mit der Angst, die Stahlbürste könnte dem Pferd Schmerzen zufügen. Aber Simone ist ja dabei, sie hat eine so wunderbare Ausstrahlung, dass sie Mensch und Pferd miteinander verbündet. Ich bin ganz schnell fasziniert, von dem Vertrauen, das sie zu ihren Tieren hat und die Tiere zu ihr.

Wir gehen gemeinsam zum Reitplatz. Ich darf Chicco  führen und er kommt bereitwillig mit. Ich bin schon mal mit Lamas zu den Externsteinen gewandert, das war auch schön. Aber hier entsteht eine Verbindung, Chicco lässt es zu und ich bin darüber zutiefst beglückt. Wie viel Energie er hat, zeigt er mir, indem er zu traben beginnt. Na da trabe ich doch mit.

Angekommen bauen wir einen kleinen Parcours und als vertrauensbildende Maßnahme führt jeder das eine oder andere Pferd hindurch. Chicco ist wunderbar, er ist sehr klug, hört auf unsere Anweisungen und doch hat er seinen eigenen Kopf, das ist deutlich spürbar. Spätestens, als er die Karotten am Rand des Reitplatzes sieht. Ich klaue eine für ihn vorweg und muss dann klarer werden, damit er sich nicht durchsetzt und den Rest auch frisst. Aber auch sein Widerstand ist ganz sanft , er lässt sich ablenken und wieder für die Arbeit auf dem Parcours begeistern. Reiten darf ich Galdur. Ich habe mich bis zum letzten Moment gefragt, ob ich wirklich auf so ein großes Tier klettern will. Aber dann ist das plötzlich keine Frage mehr. Reiten hat viel mit unserem eigenen Vertrauen und unserem Gleichgewichtsgefühl zu tun, aber es ist eine großartige Erfahrung. Ich sehe überall in glückliche Gesichter. Meike, die das Event von Uwe geschenkt bekam, ist den ganzen Tag glücklich. Danke dafür, Uwe.

Und ich, die im Moment sehr viel zu verarbeiten hat, ich laufe mit einem Dauerlächeln im Gesicht umher und kann mit den Pferden kuscheln, so viel ich mag. Was für eine wunderbare Erfahrung.

 

Wie Ihr euch beim Zahnarzt besser entspannen könnt.

Ich muss morgen zum Zahnarzt.

Oh ne, dazu habe ich überhaupt keine Lust. Es ist doch immer das Gleiche. Ich traue mir nicht zu sagen, dass ich hochsensibel bin und der Zahnarzt ist es bestimmt nicht. Der fuhrwerkt wieder völlig gedankenlos in meinem Mund herum und ich gehe mal wieder ganz nah an einer Traumatisierung vorbei. Ist doch kein Wunder, dass wir Hochsensiblen Angst vor den Zahnarzt entwickeln. Der kann sich doch unser Schmerzempfinden nicht andeutungsweise vorstellen. Wir leiden noch Tage später nach und das versteht er ganz bestimmt nicht.

In der Nacht vorher kann ich schon nicht mehr schlafen, meine Fantasie zeigt mir die hässlichsten Knirschgeräusche und andere Unheimlichkeiten. Beim letzten Mal hat er zu mir gesagt: „Wenn Sie so megaempfindlich sind, bringen Sie sich einfach einen Kopfhörer und Musik mit.“ Aber das nützt doch nichts. Wir nehmen ganz viele Reize wahr. Wir registrieren jeden Schmerz, jeden Druck und Zug und die Musik. Am Ende versauen wir uns noch unsere Lieblingslieder, weil die jetzt ordentlich mit schmerzhaften Eindrücken behaftet sind. Ne – so geht es nicht. Aber ohne Zahnarzt geht es auch nicht. Was kann man denn ändern oder besser machen?

Zuerst ist es wirklich klug, seine Hochsensibilität anzusprechen. Viele Ärzte haben sich mit dem Thema schon auseinandergesetzt. Hat meiner es noch nicht und schüttelt verständnislos den Kopf, biete ich ihm Informationsmaterial darüber an. Auf jeden Fall kann er nachvollziehen, dass ich sensibler bin, als andere Patienten und eventuell auch intensiver auf Medikamente reagiere. Wenn er dazu keine gute Position bezieht, gehe ich tatsächlich wieder, er ist dann nicht der Richtige für mich. Gibt ja, Gott-sei-dank, nicht nur den Einen.

Dann gibt es einige wenige Zahnärzte, die verstehen sich auf Hypnose. Wenn wir dafür offen sind, kann das eine Menge verbessern. (Die nehmen ja sogar Operationen am offenen Schädel, ohne Narkose nur mit einem Hypnotiseur, vor).

Aber wenn der Zahnarzt mich hypnotisieren kann, kann ich es vielleicht selbst auch. Ich nutze den Zeitraum, in dem die Spritze wirkt, um mich zu konzentrieren. Ich stelle mir mein eigenes Schmerzmanometer vor, mit einen grünen, einem gelben und einem roten Bereich.

Jetzt, im Moment, auf dem Zahnarztstuhl, bin ich aufgeregt und eher ängstlich, ich entscheide daher intuitiv, wo sich der Zeiger befindet (wohl ganz bestimmt im roten Bereich). Das heißt für mich, ich bin im Empfangen von unangenehmen Signalen gerade auf „supersensibel“ geschaltet. Jetzt beginne ich langsam den Zeiger in Richtung grün zu bewegen. Ich stelle mir auf meinem inneren Bild genau vor, wie sich der Zeiger bewegt und in den Bereich wandert, der für mich richtig ist. Und ich verbinde den Zeiger mit meinem Schmerzempfinden, das ich jetzt ganz bewusst runterreguliere. Mich beruhigt das ungemein und ich fühle mich besser auf die gleich kommende Behandlung vorbereitet.

Ein solches Beeinflussen des Schmerzempfindens gelingt immer besser, je öfter ich es geübt habe.
Probiert es doch mal aus.

Liebe Grüße
Andrea