In meiner Arbeit als Coach stoße ich immer wieder auf hochsensible Kinder, die große Schwierigkeiten in der Schule haben. Wie bei uns Erwachsenen gibt es auch unter den Kindern sehr große Unterschiede. Denn ihr Naturell kann intro- oder extrovertiert sein.
Ein introvertiertes HSK (hochsensibles Kind) ist vielleicht sehr ängstlich, möglicherweise unsicher und schnell zum Rückzug bereit. Diese Kinder sind in der Schule eher still, oft sehr angepasst und machen vieles mit sich selbst aus. Ein extrovertiertes Kind dagegen ist um so mitteilungsbedürftiger und steht auch gern mal im Mittelpunkt. Es lebt seine starken emotionalen Schwankungen aus, ist oft sehr energievoll, vielleicht auch anstrengend und läuft nicht selten Gefahr, als ADHS-Kind gestempelt zu werden. Aber egal, ob intro- oder extrovertiert, hochsensible Kinder haben oft die gleichen Probleme.
Wer das verstehen möchte, sollte für einen Moment in ihre Schuhe steigen und Schule aus ihren Augen betrachten. Wie sieht das aus?
25 Kinder vor dem Unterricht im Klassenraum. Wie grell, wie laut, wie hektisch ist es? Wie viele Reize auf so kleinem Raum? Dann Frontalunterricht. Konzentrieren, obwohl es hinter dir raschelt, neben dir flüstert und vor dir jemand herumzappelt. Endlich Pause, jetzt erholen. Auf dem Schulhof mit 150 anderen Kindern? Ist es so verwunderlich, dass viele HSK, die sich diesen vielen Reizen nicht entziehen können, Schule als eine große und manchmal ganz schlimme Herausforderung empfinden?
Auch sind sie fast alle mit einem starken inneren Perfektionismus geboren. Sie wollen alles richtig machen und wenn das nicht so klappt, verlieren sie schnell den Mut und den Glauben an sich selbst. Sie alle brauchen so dringend Bestätigung und Ermutigung und keinen Druck. Denn das kennen wir Großen doch auch. Druck macht Angst und Angst lässt uns nicht mehr an unsere Fähigkeiten kommen. Wenn wir also verstehen, dass der Schlüssel liebevolles Verständnis und Respekt ist, den wir ihnen und auch ihren manchmal so starken Emotionen entgegenbringen, wenn wir ihre Fähigkeiten fördern und helfen, wenn sie in den Grenzbereich kommen, dann sind gerade diese Kinder motivierte und ausgezeichnete Schüler. Wenn Unterricht Spaß machen darf, dann dürfen sie ihre Fähigkeiten und ihren Wissensdurst zeigen, eine hohe Sozialkompetenz entwickeln und sich zu wertvollen und wichtigen Menschen in unserer Gesellschaft entfalten. Und weil eigentlich nichts, was wir für hochsensible Kinder tun, für normal sensible Kinder schädlich ist, können wir damit auch keine Fehler machen.
Daher wünsche ich mir so sehr, dass Schulen beginnen, zur Kenntnis zu nehmen, dass es Hochsensibilität gibt. Denn sie tragen die gesellschaftliche Verantwortung mit, ob die zarten und sensiblen Menschen in unserer Gesellschaft traumatisiert und verängstigt oder stark und sicher in ihr Leben gehen.