Auch Therapeuten haben manchmal Probleme. Und mit einem ganzen Kopf voll davon, bin ich in diesem Jahr zu unserem Pferdetag gefahren. Kastens Hof in Evensen bei Nienburg hat uns im letzten Jahr so wunderbar gefallen, dass wir heute hier wieder verabredet sind. Simone Kasten ist neben ihrer Arbeit mit den Tieren, eine Personaltrainerin, die auf ihrem Hof viele besondere Events bietet.
Wenn da nur nicht die Anfahrt über die tückische A2 wäre. Die gilt es weiträumig zu umfahren, um nicht in den ausgedehnten Sommerbaustellen den Tag zu verbringen.
A2 sinnvoll umschifft und dabei die brückenlose „Höllen-B6“ übersehen. Hier wird es zweispurig und in dem anschließenden Stau findet sich auch noch ein Fahrzeug mit Motorschaden.
„Ferien auf der B6“, denke ich und merke, wie meine Nervosität unproportional zunimmt. Ich weiß jetzt schon, dass ich hoffnungslos zu spät da sein werde und das Stauende ist noch nicht zusehen.
Am Ende meiner Nerven komme ich nach einer Fahrzeit von mehr als 2 Stunden an.
Simones zwei Berner Sennenhunde begrüßen mich schon am Zaun. Ich gehe durch die kleine Gartenpforte auf das Grundstück, schaue in fröhliche Gesichter und spüre sofort, dass hier ein anderer Wind weht. Denn schon als die Hunde zum ausgiebigen Kuscheln kommen, merke ich, dass ich herunterfahre. Und als wir kurz darauf zu den Pferden gehen, weiß ich, dieser Tag wird toll. Wir holen zuerst die beiden Shettlandponys, Finchen und Chico. Ich habe beide beim letzten Mal so tief ins Herz geschlossen. Wir striegeln die Tiere gemeinsam und die kleine Stute Finchen bringt uns alle zum Lachen. Denn wenn du ihr liebevoll den Bauch striegelst und dich dabei tief genug bückst, dann massiert sie dir mit ihren wunderweichen Pferdelippen Nacken und Kopf. Auch Chico ist etwas Besonderes, ein echter Überlebenskünstler, der dem Tod schon mal direkt von der Schippe gehüpft ist.
Heute ist die kleine Antonia (7) mit ihrer Mutter bei uns. Antonia wurde früher von einem Pferd in die Brust gebissen und ist daher sehr zurückhaltend. Aber die ruhige und gelassene Ausstrahlung der kleinen Pferde lässt sie schnell etwas mehr Zutrauen gewinnen.
Dann holen wir die Großen, die Islandpferde, von der Weide. Heute lerne ich ein neues Pferd kennen, Snaedis, eine wundervolle weiße Stute, die schon zwei erwachsene Kinder hat.
Mit uns werden auch Galdur und Aron den Tag verbringen. Ich kann sie sehr gut unterscheiden, denn ihre Mähnen sind ganz unterschiedlich. Ich stehe neben Aron und er sieht mich ruhig und gütig an und mir geht wieder so ganz das Herz auf. Alles, was da so mit mir hier hergefahren war, ist plötzlich weg und da ist nur eine große Ehrfurcht und Bewunderung für die Tiere und ein so herrliches Glücksgefühl.
Ich lerne sogar die Hufe zu säubern und selbst Antonia, mit ihrer Mutter, hilft dabei.
Simone erzählt uns viele schöne Einzelheiten über die Pferde und wir spüren deutlich, dass diese Tiere ihre Familie sind. Das Vertrauen und die Liebe, die sie alle, Mensch und Tier miteinander austauschen, ist tief beeindruckend und macht auch Simone für mich zu einem ganz besonderen Menschen. Wir führen die Pferde gemeinsam auf den Reitplatz und arbeiten mit ihnen auf einem Parcours. Snaedis ist ganz sicher hochsensibel. Dieses Pferd ahnt, was ich mir von ihm wünsche und lässt sich auf mich ein. Vielleicht spürt sie, wie weit mein Herz für sie geöffnet ist. Ich darf an diesem Tag mit jedem der Pferde arbeiten. Sie sind alle unterschiedlich und alle ganz wunderbar. Reife, gütige Wesen, die uns gelassen ihre Zeit schenken. Antonia traut sich immer mehr zu, am Schluss reitet sie und ich glaube, dass dieser Tag ihr sehr viel Angst genommen hat.
Ich sehe überall ein Lächeln im Gesicht, egal wo ich hinschaue. Und verstehe in diesem Moment, dass Pferde Ängste nehmen und Wunden schließen können.
Danke Simone, für einen wunderbaren, erfüllten Tag. Und danke, ihr herrlichen und weisen Pferde. Ihr habt uns reich beschenkt.